Eine der oft wenig beachteten Gemeinsamkeiten zwischen Japan und Deutschland ist die große Zahl weltweit bekannter Schreibwarenhersteller. Die PLUS Corporation, die in diesem Jahr auf eine 75-jährige Firmengeschichte zurückblicken kann, bietet in Deutschland Bürobedarf und Schreibwaren mit ausgezeichnetem Design und hoher Funktionalität vor allem für Unternehmen an. Dazu gehören alltägliche Gebrauchsartikel ebenso wie ausgefallene Produkte, die den Arbeitsalltag erleichtern. In dieser Ausgabe sprachen wir mit Mikiko Horioka, Geschäftsführerin der PLUS Europe GmbH mit Sitz in Düsseldorf, über die Unterschiede im Geschäft zwischen Deutschland und Japan und die Zukunft der Branche. Vor Ort hatten wir außerdem Gelegenheit, einige der Produkte genauer unter die Lupe zu nehmen.
J-BIG: Frau Horioka, was können Sie uns über die Anfänge von PLUS erzählen?
Mikiko Horioka: Die Ursprünge des Unternehmens gehen auf das Jahr 1948 zurück, als sich die beiden Großhändler Imaizumi Shoten und Suzuki Shoten zusammenschlossen. Beide Unternehmen handelten damals mit Bürobedarf und hatten Niederlassungen in derselben Region. Obwohl sie Konkurrenten waren, standen sie sich so nahe, dass sie sich gegenseitig Waren ausliehen, wenn einer von ihnen einen Engpass hatte. Nach einiger Zeit beschlossen sie, zusammenzuarbeiten und gründeten 1948 das Unternehmen Chiyoda Stationery, benannt nach der Region, in der sie ansässig waren. Im Jahr 1959 wurde der Firmenname in PLUS Corporation geändert. Der Name geht einerseits auf die Idee zurück, dass sich die beiden Unternehmen zusammengeschlossen haben – also gewissermaßen „addiert“ wurden – und signalisiert andererseits, dass sie einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen wollen. Seitdem hat sich das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickelt und ist heute auch ein vollwertiger Schreibwaren- und Büromöbelhersteller mit eigener Entwicklung und Produktion.
J-BIG: Wie sah Ihr beruflicher Werdegang aus, bevor Sie Geschäftsführerin der deutschen Niederlassung wurden?
Mikiko Horioka: Nach meinem Universitätsabschluss arbeitete ich zunächst für ein US-amerikanisches IT-Unternehmen in Japan, wo ich Erfahrungen in den Bereichen System Engineering und Vertrieb sammelte. Obwohl ich jeden Tag unter Zeitdruck stand, konnte ich viel lernen und hatte das Glück, mit vielen netten Menschen zu arbeiten, sodass ich meine Zeit dort genoss. Ungefähr 20 Jahre nach meinem Eintritt in das Unternehmen fragte ich mich jedoch, ob ich für den Rest meines Berufslebens so weitermachen möchte und ich begann, über neue Herausforderungen nachzudenken. Es gab zwei Punkte, die mir bei der Wahl meines neuen Jobs wichtig waren: Erstens wollte ich eine Arbeit ausüben, bei der ich anderen Ländern den Charme japanischer Produkte näherbringen oder andersherum ausländische Produkte nach Japan bringen konnte. Zweitens hatte ich bisher in der IT-Branche gearbeitet, wo ich hauptsächlich mit Dienstleistungen zu tun hatte. In meinem neuen Job wollte ich dagegen mit physischen, greifbaren Produkten arbeiten. Auf der Suche nach einer neuen Stelle mit diesen beiden Schwerpunkten stieß ich auf PLUS und seit April 2019 arbeite ich dort als Geschäftsführerin von PLUS Europe.
J-BIG: Wie groß ist die PLUS-Gruppe insgesamt, und welche Dimensionen hat im Verhältnis die deutsche Niederlassung?
Mikiko Horioka: Der Umsatz des Schreibwarengeschäftes, einschließlich aller Tochterunternehmen der Gruppe, beläuft sich auf circa 242 Millionen Euro (38 Milliarden Yen). Davon entfallen rund 40 Prozent auf das internationale Geschäft, insbesondere auf den asiatischen Raum, mit China als größtem Markt. Das Schreibwarengeschäft ist mit Büros und Fabriken in den USA, Europa, China, Vietnam und Taiwan vertreten. Der größte Markt in Europa ist Deutschland. Der Umsatz hierzulande beläuft sich auf etwa 6,4 Millionen Euro (eine Milliarde Yen), und mit mir haben wir acht Mitarbeiter.
J-BIG: Wann nahm das Unternehmen seine Tätigkeit in Deutschland auf?
Mikiko Horioka: Unsere Aktivitäten in Deutschland begannen 2010, als PLUS Europe in Düsseldorf gegründet wurde. Wir waren bereits in den USA und in Asien aktiv, und beschlossen, dass Europa der nächste Schritt sein sollte. Deutschland hatten wir deshalb als ersten Standort für die Expansion nach Europa ausgewählt, weil es hier viele Schreibwarenhersteller gibt und es der größte Markt für Schreibwaren in Europa ist. Obwohl eine große Anzahl von Schreibwarenherstellern in Deutschland natürlich auch Konkurrenz bedeutet, hatten wir das Gefühl, dass die Konsumenten die Qualität unserer Produkte hier besonders gut einschätzen und würdigen können. Heute ist PLUS Europe die einzige Tochtergesellschaft der PLUS Corporation in Europa. Von hier aus steuern wir die Vertriebs- und Marketingaktivitäten nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa.
J-BIG: Wann nahm das Unternehmen seine Tätigkeit in Deutschland auf?
Mikiko Horioka: Unsere Aktivitäten in Deutschland begannen 2010, als PLUS Europe in Düsseldorf gegründet wurde. Wir waren bereits in den USA und in Asien aktiv, und beschlossen, dass Europa der nächste Schritt sein sollte. Deutschland hatten wir deshalb als ersten Standort für die Expansion nach Europa ausgewählt, weil es hier viele Schreibwarenhersteller gibt und es der größte Markt für Schreibwaren in Europa ist. Obwohl eine große Anzahl von Schreibwarenherstellern in Deutschland natürlich auch Konkurrenz bedeutet, hatten wir das Gefühl, dass die Konsumenten die Qualität unserer Produkte hier besonders gut einschätzen und würdigen können. Heute ist PLUS Europe die einzige Tochtergesellschaft der PLUS Corporation in Europa. Von hier aus steuern wir die Vertriebs- und Marketingaktivitäten nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa.
J-BIG: Wie positionieren Sie Ihr Unternehmen in einem hart umkämpften Markt wie Deutschland?
Mikiko Horioka: Es stimmt, dass Deutschland eine Hochburg der Schreibwarenindustrie ist. Aber wir sind ein Unternehmen, das sehr viel Wert auf originelle Produkte und außergewöhnliches Design legt, und in dieser Hinsicht unterscheiden wir uns meiner Meinung nach von anderen Schreibwarenherstellern wie Leitz. Gemäß unserer Unternehmensphilosophie „Neuer Wert, neue Zufriedenheit“ wollen wir den Menschen in Europa mit unseren Produkten einen Mehrwert bieten, den sie nirgendwo anders bekommen.
J-BIG: Was genau macht die Produkte Ihres Unternehmens denn so einzigartig?
Mikiko Horioka: Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen. Das erste sind klammerlose Hefter, im Prinzip ein Tacker ohne Heftklammern. Das ist nicht nur weniger gefährlich, sondern auch sehr umweltfreundlich, da man bei der Entsorgung von Papier nicht mehr auf die Mülltrennung achten muss. Der Tacker wird auch auf Webseiten wie Amazon sehr gut bewertet, und die Verkaufszahlen steigen.
Das zweite Beispiel ist Zeromax, ein Dokumentenordner, der in der Breite angepasst werden kann. Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein normaler Papierordner, aber er lässt sich auf eine Rückenbreite von 10 cm ausziehen und fasst bis zu 800 Blatt. Da die Breite je nach Dokumentenmenge verändert werden kann, spart man Platz im Regal – besonders bei Archivordnern, die über die Jahre immer voller werden, am Anfang aber nur wenige Dokumente enthalten. Krankenhäuser verwenden dieses System beispielsweise für die Aufbewahrung von Patientenakten.
Entscheidend bei der Auswahl der Produkte, die wir auf den Markt bringen, ist, ob diese einen Mehrwert für die europäischen Kunden bringen. Wir glauben, dass dies die Bedeutung von PLUS Europe auf dem europäischen Markt ausmacht.
J-BIG: Können Sie ausführen, wie sie diesen Mehrwert für den Kunden definieren?
Mikiko Horioka: Wir glauben: Der wahre Wert eines Produktes liegt nicht nur in seiner Funktionalität, sondern auch darin, dass es Menschen Freude bereitet und sie glücklich macht, wenn sie es benutzen. Schreibwaren liegen uns sehr am Herzen. Es sind zwar „nur“ Gebrauchsgegenstände, aber es kann sehr frustrierend sein, wenn sie nicht angenehm in der Handhabung sind. Deshalb wollen wir immer Produkte anbieten, die den Menschen Freude bereiten und sie begeistern.
J-BIG: Was sind Ihre wichtigsten Vertriebskanäle in Deutschland?
Mikiko Horioka: In Deutschland sind das vor allem Bürobedarfsgroßhändler und Bürofachhändler wie Otto Office und Printus. Amazon ist ebenfalls ein wichtiger Verkaufskanal, der seit 2017 wächst. E-Commerce-Webseiten sind außerdem eine gute Möglichkeit, durch Bewertungen direktes Kundenfeedback zu erhalten. Im europäischen Ausland arbeiten wir auch mit Distributoren zusammen.
J-BIG: Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung Ihres Deutschlandgeschäfts, und welchen sehen Sie sich aktuell gegenüber?
Mikiko Horioka: Eine Herausforderung war, dass PLUS in Deutschland und Europa noch keinen hohen Bekanntheitsgrad hat. Obwohl wir versucht haben, den Markt mit neuartigen Produkten wie dem klammerlosen Hefter und dem Zeromax-Ordner zu erschließen, war es deshalb sehr schwierig, hier Fuß zu fassen. In Japan ist der Markenname eines Produkts bei Schreibwaren oft viel bekannter als der Name des Herstellers. In Deutschland hingegen haben wir den Eindruck, dass der Firmenname oft bekannter ist als der Produktname.
Eine weitere Herausforderung ist, dass es schwierig sein kann, die Funktionsweise und die Vorteile eines ungewöhnlichen Produkts wie dem klammerlosen Hefter auf den ersten Blick zu erkennen. Viele können sich unter diesem Begriff erstmals wenig vorstellen. Selbst wenn man weiß, dass es sich um einen Tacker handelt, der ohne Heftklammern auskommt, versteht man noch nicht, warum das so vorteilhaft ist. Erst wenn man ihn tatsächlich in die Hand nimmt und benutzt, wird klar, dass er umweltfreundlich ist, da man keine Heftklammern gesondert entsorgen muss, und wie praktisch es ist, dass man kein Material nachkaufen muss. Viele Menschen greifen deshalb zunächst unweigerlich zum gewohnten Tacker.
Um dieses Problem zu umgehen eignet sich ein Verkauf über Amazon sehr gut. Dort können wir die wichtigsten Produktmerkmale und Funktionen in Form von Videos anschaulich machen und direkt an die Kunden kommunizieren. Viele hohe Bewertungen können außerdem zu weiteren Verkäufen führen.
In letzter Zeit nutzen wir auch verstärkt soziale Netzwerke, um die Vorteile unserer Produkte so gut wie möglich zu erklären und zu kommunizieren. Wir sind jetzt seit zwölf Jahren in Deutschland und unsere Verkäufe wachsen zusammen mit unserer Erfahrung.
J-BIG: Welche Unterschiede gibt es in der Produktentwicklung zwischen Japan und Deutschland?
Mikiko Horioka: Eine Besonderheit in Japan ist eine spezielle Zielgruppe von Schülern in der Mittel- und Oberstufe, die Schreibwaren mit niedlichem Design sammeln. Diese Schüler und vor allem Schülerinnen mögen Pastellfarben und putzige Figuren auf ihren Schreibwaren. In Europa gibt es diese Zielgruppe nicht in gleicher Weise, was einen großen Unterschied macht. Unser Unternehmen entwickelt zwar diese Produkte auch für Europa, aber da Schüler hier ein anderes Kaufverhalten haben, verkaufen sie sich nicht so gut wie in Japan. Niedliche, pastellfarbene Schreibwaren, die in Japan in der Regel vor allem für Oberschüler im Alter von etwa 17 Jahren gedacht sind, richten sich in Deutschland an Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis maximal 10 Jahren. Diese Unterschiede in den Zielgruppen und Bedürfnissen machen es manchmal schwierig, in Japan entwickelte Produkte in Europa zu vermarkten.
J-BIG: Gibt es Produkte, die speziell für Deutschland angepasst wurden?
Mikiko Horioka: Wir haben keines unserer Produkte für den deutschen oder europäischen Markt lokalisiert. Wir wollen die Produkte nicht dramatisch verändern, um sie an den europäischen Markt anzupassen. Selbst wenn wir vom „europäischen Markt“ sprechen, sind die Geschmäcker und Produktpräferenzen von Land zu Land unterschiedlich, und wir halten es nicht für sinnvoll, hier den größten gemeinsamen Nenner zu suchen. Als PLUS Europe gegründet wurde, entwickelten wir anfänglich beispielsweise Verpackungen auf der Grundlage deutscher Standards, da hier schließlich unser Standort ist. Aber während in Deutschland gedeckte Farben bevorzugt werden, hörten wir teilweise von Kunden in anderen Ländern, die Verpackungen seien zu dunkel. Am Ende sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir als japanisches Unternehmen die japanische Sensibilität in den Vordergrund stellen und unserem Instinkt vertrauen sollten.
Einen Unterschied gibt es allerdings es in puncto Verpackungen. Die Europäer sind hier sehr sensibel, was Nachhaltigkeit angeht, und in letzter Zeit sind die Vorschriften für Einwegplastikverpackungen strenger geworden. PLUS Europe startete deshalb ein Projekt, um die Verpackungen auf Papierkartons umzustellen. In einigen Fällen konnte dadurch die Päckchengröße halbiert werden, was auch zu niedrigeren Transportkosten führte. In Japan dagegen ist die Produktqualität so wichtig, dass manchmal noch überverpackt wird, um das Produkt vor Beschädigungen zu schützen. PLUS Europe nimmt diese Themen ernst und geht sie proaktiv an, während wir gleichzeitig die Entwicklungen in Europa an die PLUS-Zentrale in Japan weiterleiten.
J-BIG: Wie arbeitet PLUS Europe mit der japanischen Zentrale und deren Management zusammen?
Mikiko Horioka: Mit den Kollegen im japanischen Headquarter, die für das Europageschäft zuständig sind, stehen wir täglich in Kontakt und sprechen mit ihnen über eine Vielzahl von Themen, einschließlich Vertrieb, Produkte und Abläufe. Bei Gesprächen über wichtige strategische Entwicklungen wird natürlich auch das Management einbezogen. Gegenwärtig strebt PLUS eine Ausweitung seiner Auslandsaktivitäten von 40 Prozent auf 60 bis 70 Prozent an. Aus diesem Grund kann man sagen, dass die Zentrale sehr daran interessiert ist, ihr Geschäft in Europa auszubauen und zu diesem Zweck mit PLUS Europe zusammenzuarbeiten.
Konkret berichtet PLUS Europe zum Beispiel regelmäßig über die Entwicklungen in der Region. So kann die Zentrale in Bereichen wie Nachhaltigkeit, in denen Europa führend ist, von hier lernen und beispielsweise ökologisch nachhaltigere Produkte entwickeln. Die Idee einer umweltfreundlicheren Verpackung etwa wurde vom Headquarter auf Anregung von PLUS Europe aufgegriffen. Beide arbeiten nur gemeinsam daran, sich in diesem Bereich an europäischen Trends und Vorgaben zu orientieren.
Europa ist wahrscheinlich weltweit führend, was Recycling-Initiativen angeht. Man kann sagen, dass die aktuellen Maßnahmen im Wesentlichen in Europa ihren Anfang genommen haben. Japan hingegen hinkt in dieser Hinsicht noch hinterher. Ich denke, dass in Japan in Zukunft ähnliche Regelungen eingeführt werden. Deshalb finde ich es sehr gut, dass wir diese fortschrittlichen europäischen Lösungen an unsere Zentrale weitergeben können.
J-BIG: Wie soll die deutsche Niederlassung Ihres Unternehmens in fünf Jahren aussehen?
Mikiko Horioka: Im vergangenen Jahr hat PLUS von Kokuyo die Anteile am Unternehmen Pentel erworben, welches noch in diesem Jahr als konsolidierte Tochtergesellschaft in die PLUS-Gruppe integriert werden wird. Pentel ist ein führendes Schreibwarenunternehmen auf dem europäischen Markt, und wir möchten die Entwicklung der PLUS-Produkte durch das hervorragende Vertriebsnetz von Pentel fördern. Die Entwicklung des Europageschäfts im Rahmen dieser Kooperation ist für das PLUS-Management der Bereich, in den die größten Erwartungen gesetzt werden. Wie bereits erwähnt steckt unser Bekanntheitsgrad hier noch in den Kinderschuhen, was bedeutet, dass es für uns manchmal schwierig ist, die Kunden zu erreichen, die wir erreichen sollten. Deshalb hoffe ich sehr, dass wir durch diese Zusammenarbeit unsere Vertriebskanäle erweitern können. In fünf Jahren werden unsere Marke und unsere Produkte in Europa hoffentlich bekannter und noch beliebter sein.