Die multidisziplinäre Kanzlei FRANKUS Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte PartGmbB mit Sitz in Düsseldorf zählt zu den renommiertesten mittelständischen Kanzleien für nationales und internationales Steuerrecht in Deutschland. Neben zahlreichen internationalen und deutschen Großmandanten verfügt FRANKUS seit über 40 Jahren über ein starkes Japan-Team zur Beratung japanischer Unternehmen in Deutschland. J-BIG sprach mit Toyo Nishimura, Partner und Japan-Experte bei FRANKUS, darüber, wie es zur Spezialisierung der Kanzlei auf japanische Mandate kam, wie das Leistungsportfolio aussieht und welche Rolle rechtliche und kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und Japan bei der Beratung spielen.
J-BIG: Herr Nishimura, wie kam es zur Gründung von FRANKUS und später zur Spezialisierung auf japanische Mandate?
Toyo Nishimura: In diesem Jahr feiern wir unser 45-jähriges Bestehen: 1979 machte sich der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Hans Frankus in Düsseldorf selbstständig, zunächst nur mit einer Mitarbeiterin und einer Sekretärin. Zuvor hatte er im internationalen Bereich der ehemaligen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen gearbeitet, die auch japanische Mandanten betreute. Aus seiner Zeit bei Arthur Andersen kannte Dr. Frankus Herrn Fukamachi, den allerersten japanischen Wirtschaftsprüfer in Deutschland, der jedoch zunächst wieder nach Japan zurückkehrte.
FRANKUS konzentrierte sich von Anfang an auf die Betreuung internationaler Mandanten, und als sich in den 1980er Jahren viele japanische Großunternehmen in Düsseldorf ansiedelten, fragte Dr. Frankus seinen ehemaligen Kollegen Herrn Fukamachi, ob dieser nicht nach Deutschland zurückkehren und bei ihm einsteigen wolle. Das war Mitte der 1980er Jahre der offizielle Startschuss für das Japan-Geschäft. Obwohl noch unbekannt, konnte FRANKUS mit der Expertise, die Herr Fukamachi mitbrachte, schnell japanische Kunden überzeugen, darunter namhafte Unternehmen wie der Sojasoßenhersteller Kikkoman, Shimano oder Muji. Damals war es noch eine richtige Seltenheit, einen professionellen Berater zu haben, der Japanisch spricht und sich sowohl im deutschen als auch im japanischen Recht auskennt. Seither haben wir unseren Japan Desk kontinuierlich ausgebaut.
J-BIG: Wann sind Sie zu FRANKUS gekommen und was haben Sie vorher gemacht?
Toyo Nishimura: Ich wurde in Kobe geboren, kam aber 1967 im Alter von eineinhalb Jahren nach Deutschland, als meine Familie aufgrund der Arbeit meines Vaters übersiedelte. Ich begann meine berufliche Laufbahn in der Wirtschaftsprüfung bei KPMG in Frankfurt am Main und legte 2001 das Wirtschaftsprüferexamen ab. Damit war ich der erste japanische Staatsbürger, der deutscher Wirtschaftsprüfer wurde. Zwischenzeitlich habe ich auch zwei Jahre in Japan bei der KPMG Gesellschaft AZSA & Co gearbeitet und bin dann nach meiner Rückkehr nach Deutschland bei KPMG zum Partner aufgestiegen.
Zu FRANKUS bin ich 2011 gekommen, nachdem man mich gefragt hatte, ob ich nicht als Partner einsteigen wolle. Herr Fukamachi war damals bereits 69 Jahre alt und es wurde jemand gesucht, der die japanischen Mandate weiter betreuen konnte. Ich hatte viel Gutes über FRANKUS gehört und entschied mich für einen Wechsel, obwohl FRANKUS als mittelständisches Unternehmen deutlich kleiner war als KPMG. Seitdem arbeite ich als Partner bei FRANKUS und bin für das Japan-Geschäft verantwortlich.
J-BIG: Wie hat sich FRANKUS seit Ihrem Einstieg entwickelt und wie ist Ihr Team heute aufgestellt?
Toyo Nishimura: Als ich bei FRANKUS anfing, hatten wir etwa 60 japanische Mandate und ich bildete mit zwei Japanerinnen ein Team für den Japan-Bereich. Seither sind fast 12 Jahre vergangen und aktuell sind wir 10 Japaner und Japanerinnen, die sich um mehr als 200 japanische Unternehmen kümmern. Insgesamt haben wir 12 Japanisch sprechende Mitarbeiter.
Insgesamt sind wir bei FRANKUS ein Team von über 85 spezialisierten Mitarbeitern mit sechs Partnern, die unsere Mandanten in allen steuerlichen und rechtlichen Fragen beraten. Auch viele unserer nicht-japanischen Mandanten haben einen internationalen Hintergrund. Obwohl internationale Mandanten nach wie vor unser stärkster Geschäftsbereich sind, zählen mittlerweile auch große inländische Unternehmen, Family Offices und lokale größere Einzelhändler zu unseren Kunden. Die Branchen, aus denen unsere Mandanten kommen, sind vielfältig: Wir arbeiten unter anderem mit Automobilherstellern und -zulieferern, Chemie-, Pharma- und Medizinunternehmen, Transport- und Logistikunternehmen, Familienunternehmen, IT- und Elektronikunternehmen sowie Finanzdienstleistern.
J-BIG: Welchen Anteil hat das Japan-Geschäft am Gesamtgeschäft?
Toyo Nishimura: Unser Japan-Geschäft macht mehr als 50 Prozent aus und von unseren mehr als 85 Mitarbeitern haben sicher rund 50 mehr oder weniger mit unseren japanischen Kunden zu tun.
Es wird in der Japan-Business-Community in Deutschland positiv über uns gesprochen und dieser gute Ruf bringt uns neue Kunden. Oft wollen japanische Unternehmen, die eine Niederlassung in Deutschland gründen, keine lange Liste mit zwanzig Beratern – das überfordert nur – sondern wollen eine Empfehlung für eine Person, die sich wirklich auskennt.
J-BIG: Was sind die spezifischen Gründe für den guten Ruf von FRANKUS?
Toyo Nishimura: Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist sicherlich, dass wir unsere japanischen Mitarbeiter nicht nur für die Vermarktung, sondern tatsächlich im Tagesgeschäft einsetzen. Sie sind direkt in die Buchhaltung, Steuerberatung und Rechtsberatung eingebunden. Einer unserer japanischen Mitarbeiter ist beispielsweise deutscher Rechtsanwalt und kann die japanischen Mandanten direkt auf Japanisch zum deutschen Recht beraten. Unsere japanische Wirtschaftsprüferin ist bei der Prüfung von japanischen Gesellschaften im Einsatz. Ein deutscher Steuerberater kann auch auf Japanisch mit unseren Mandanten kommunizieren. Diese direkte Betreuung durch japanische Muttersprachler, die nicht nur als Dolmetscher fungieren, ist eine große Stärke von FRANKUS. Japanische Muttersprachler, die wie ich deutsche Berufsträger sind, sind immer noch eine Seltenheit. Außer mir gibt es in der Geschichte bisher nur zwei weitere japanische Staatsangehörige, die deutsche Wirtschaftsprüfer geworden sind.
Bei uns erfahren japanische Mandate eine hohe Wertschätzung und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Bei FRANKUS kann ich mich auch als Partner persönlich um unsere Mandanten kümmern. Dies ist bei größeren Kanzleien schwieriger, wo die Rollen von Partner und Manager vorgeben sind. Ich finde aber gerade diese Nähe zu den Unternehmen sehr wichtig: Ich bekomme einen tiefen Einblick in das Unternehmen, was wiederum eine erfolgreiche Beratung ermöglicht. Je mehr Zeit ich einem Mandanten widmen kann, desto besser ist mein Zugang und desto mehr kann ich natürlich für das Unternehmen tun.
J-BIG: Was sind typische Tätigkeiten, die Sie als multidisziplinäre Beratungskanzlei für Ihre Mandanten durchführen?
Toyo Nishimura: Wir betreuen unsere Mandanten während des gesamten Lebenszyklus ihres Unternehmens – von der Gründung bis zur Liquidation. Meist beginnt unsere Arbeit bei der Gründung und Registrierung einer Repräsentanz oder Niederlassung in Deutschland. Im nächsten Schritt helfen wir bei der Einrichtung von Geschäftsprozessen aus buchhalterischer, steuerlicher und rechtlicher Sicht. Sobald sich die Unternehmen eingerichtet haben, beginnt der reguläre Geschäftsbetrieb und es müssen verschiedene Verträge abgeschlossen werden. Wir unterstützen auch in der Expansions- und Entwicklungsphase oder wenn Krisen und Herausforderungen auftreten.
Das heißt, wenn japanische Unternehmen nach Deutschland kommen, ist das wie die Geburtsstunde im Lebenszyklus: Wir beginnen mit der Gründung der GmbH. Den Expats, die nach Deutschland kommen, helfen wir die Aufenthaltsgenehmigung mit Arbeitserlaubnis zu bekommen. Dann werden deutsche Mitarbeiter eingestellt. Wir erstellen den Arbeitsvertrag und beraten, wie die Vergütung steuerlich optimal gestaltet werden kann. Weitere typische Themen sind die Wahl der optimalen Rechtsform für das Unternehmen, die Koordination der Übersetzung und notarielle Beglaubigung von Dokumenten, die VATID- und EORI-Registrierung zur Aufnahme der Import- und Exporttätigkeit und die Einholung der für die Geschäftstätigkeit erforderlichen Genehmigungen.
Wir raten den Unternehmen die konsequente Digitalisierung der Organisation der täglichen Arbeitsabläufe. Zum Tagesgeschäft gehören der Import von Waren, der Verkauf, Marketing-Aktivitäten, sowie Finanzthemen wie Monatsabschlüsse und Steuererklärungen. Gerade am Anfang müssen diese Strukturen erstmal implementiert werden und eine Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Software ist eine gute Unterstützung, um einen großen Teil der Kernarbeit einer Vertriebsgesellschaft abzubilden und das Unternehmen aufzubauen. Dieser Ansatz ist besonders bei Neuansiedlungen sehr effizient.
J-BIG: Sucht jedes japanische Unternehmen, das in Deutschland eine GmbH gründen will, im ersten Schritt die Unterstützung durch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer oder gibt es Unternehmen, die zunächst versuchen, allein zurechtzukommen?
Toyo Nishimura: Der Weg zum Wirtschaftsprüfer ist nicht unbedingt der erste Schritt, da in der Regel zunächst Rechtsanwälte benötigt werden, die bei der Gründung der GmbH unterstützen. Wenn man sich aber nur von Anwälten beraten lässt, kann es später durch Fehlentscheidungen zu steuerlichen Nachteilen kommen. Es gibt vieles, was gleich am Anfang schief gehen kann, zum Beispiel Probleme mit der Lohnsteuer, weil der Visumsantrag nicht falsch, aber suboptimal gestellt wurde.
Beim Ausländeramt wird regelmäßig die Vorlage des Arbeitsvertrages mit der deutschen Gesellschaft verlangt. Bei Expats, die nur eine begrenzte Zeit nach Deutschland entsandt werden, ist dies aber nicht notwendig.
Wenn man für einen Expat aber einen Arbeitsvertrag mit der deutschen Gesellschaft abschließt, gehen unter Umständen Möglichkeiten der Einsparung von Lohnsteuer verloren.Diese Steuervorteile sind mitunter hohe vierstellige Beträge.
Experten im Bereich Aufenthaltsrecht kennen nicht immer die Steuersparmöglichkeiten. Hier liegt unsere Stärke als multidisziplinäre Kanzlei, die viele Bereiche der Rechtsberatung abdeckt. Wir klären solche Fälle im Vorfeld gründlich ab und haben immer das Gesamtbild im Blick. Bei einer Neuansiedlung werden alle Abteilungen mit einbezogen, auch die Steuerexperten, so dass wir unseren Mandanten auf lange Sicht optimale Lösungen anbieten können.
J-BIG: Wie finden japanische Unternehmen ihren professionellen Berater?
Toyo Nishimura: Bei großen börsennotierten Unternehmen ist es üblich, Rahmenverträge mit großen, weltweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltskanzleien abzuschließen, so dass dann deren Landesgesellschaften im jeweiligen Land tätig werden. Wir sind natürlich nur auf deutsches Recht spezialisiert, können aber für Deutschland die beste Fachexpertise anbieten. FRANKUS wird in der deutschen Japan-Business-Community häufig empfohlen und es kommen viele Interessenten auf uns zu. Wenn jemand auf Japanisch im Internet nach einem Steuerberater sucht, erscheint unsere Kanzlei weit oben. Etwa 80 bis 90 Prozent der Unternehmen, die sich bei uns informieren, entscheiden sich dann auch für uns.
J-BIG: Wie gut sind Ihre japanischen Kunden, die nach Deutschland kommen, mit dem deutschen oder japanischen Recht vertraut?
Toyo Nishimura: Wenn Unternehmen nach Deutschland kommen, schicken sie meist Mitarbeiter aus dem Vertrieb oder der Technik, die sich in der Regel weder mit japanischem noch mit deutschem Recht oder Steuern auskennen. Es ist aber auch nicht notwendig, sich intensiv mit Steuern oder Recht zu beschäftigen – dafür gibt es ja uns.
Erforderlich sind jedoch Deutschkenntnisse, um die Post zu kontrollieren. Daher wird meist zunächst eine Bürokraft mit Deutschkenntnissen zur Unterstützung eingestellt. Bei der Gründung einer GmbH kommt es immer wieder zu gezielten Betrugsversuchen über Rechnungen per Post, die täuschend echt wie Rechnungen zum Beispiel für einen Handelsregisterauszug aussehen. Man erkennt meist nur an der ausländischen IBAN-Nummer, dass etwas nicht stimmen kann. Wir warnen unsere Kunden vor solchen Fällen und empfehlen, dass sie uns alle Rechnungen zuerst zur Überprüfung vorlegen.
J-BIG: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihren Mandanten aus?
Toyo Nishimura: Wir arbeiten sehr eng mit unseren Mandanten zusammen und gehen routiniert vor. Uns ist wichtig, dass die japanischen Unternehmen genau wissen, was auf sie zukommt. Zu Beginn erhalten unsere Mandanten einen Überblick über den gesamten Prozess der Ansiedlung. Unsere Dienstleistungen haben wir zu einem Paket gebündelt, das alle möglichen Bedürfnisse unserer Mandanten abdeckt. Vieles innerhalb unseres Leistungspakets können wir als Festpreis anbieten, einige schwer zu budgetierende Aufgaben werden nach Zeitaufwand abgerechnet.
Uns ist es wichtig, einen guten Einblick in das Unternehmen zu bekommen, um zu erkennen, wo es Ansatzpunkte für steuerliche oder rechtliche Themen gibt. Wenn unsere Mandanten beispielsweise erste Geschäftskontakte knüpfen, ist ein Vertriebs- oder Handelsvertretervertrag erforderlich. In der Regel lassen wir unsere Mandanten zunächst alles aufschreiben, was sie inhaltlich abgedeckt haben möchten. Wir nehmen dann ein deutsches Muster oder ein englischsprachiges Muster nach deutschem Recht und reflektieren diese Informationen darin. Die Unternehmen brauchen also kein eigenes juristisches Know-how.
In der Zusammenarbeit stellen wir immer wieder fest, dass den japanischen Unternehmen oft gar nicht bewusst ist, dass es innerhalb Europas zum Teil sehr unterschiedliche rechtliche Regelungen gibt. Manche japanischen Unternehmen, die bereits Niederlassungen in anderen Ländern haben, fragen, ob sie bestimmte Regelungen einfach übernehmen können. Hinzu kommt, dass es auch stilistische Unterschiede in den Rechtsdokumenten gibt: In Großbritannien zum Beispiel sind Unternehmenshandbücher sehr detailliert, fast bevormundend geschrieben. Die Deutschen mögen keine Checklisten, wollen frei und selbstbestimmt arbeiten. Und da sind viele detaillierte Regeln eher kontraproduktiv.
J-BIG: Gibt es Dienstleistungen bei FRANKUS, die sie anbieten, die von den üblichen Leistungen einer Kanzlei abweichen?
Toyo Nishimura: Als Berufsträger, also als Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt, sind die Tätigkeiten dieser Berufsgruppen gesetzlich klar definiert. Außerhalb dieses Bereiches darf man nicht tätig werden, wie zum Beispiel im Marketing oder in der Personalvermittlung. Wir haben also einen Tätigkeitskatalog für unsere Berufsgruppen, und anhand dessen schauen wir sehr genau, was ein japanisches Unternehmen, das sich hier ansiedelt, braucht.
Japanische Unternehmen schätzen es, wenn sie bei juristischen Fragen, für die es keine eindeutige Lösung gibt, Hinweise bekommen, welche Option für sie die beste sein könnte. Großkanzleien zeigen oftmals die verschiedenen rechtlichen Optionen auf, vermeiden es aber strikt, eine bestimmte Option zu empfehlen. Kulturell schätzen japanische Unternehmen jedoch eine Empfehlung, da Entscheidungen in Japan meist nicht von einer Person, sondern von der Gemeinschaft getroffen werden. Wenn eine Niederlassung in Deutschland gegründet werden soll, kann nicht für alles die Zentrale befragt werden, und so sind die Kanzleien wichtige Berater für die Entscheidungsträger in Deutschland. Unser sprachliches und kulturelles Verständnis für japanische Unternehmen ist daher ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.
Das Besondere an uns ist, dass wir inhaltliche und sprachliche Kompetenz vereinen und deshalb sehr gut vermitteln können. Wenn wir bei Besprechungen und Verhandlungen vermitteln, können wir gleichzeitig steuerliche Auswirkungen und rechtliche Implikationen erläutern.
J-BIG: Das heißt, Sie berücksichtigen bei Ihrer Arbeit nicht nur rechtliche, sondern vor allem auch kulturelle Unterschiede?
Toyo Nishimura: Wenn japanische Unternehmen nach Deutschland kommen, sind sie oft mit völlig neuen Situationen und kulturellen Unterschieden konfrontiert. Somit ist das Vermitteln zwischen den Kulturen auch ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.
Um ein Beispiel zu nennen: japanische Unternehmen sind oft überrascht, wie langsam manche Prozesse in Deutschland ablaufen. So beträgt die Abgabefrist für die Steuererklärung in Japan zwei Monate nach Ende des Geschäftsjahres. In Deutschland hat man in der Regel 15 Monate Zeit und wenn das Geschäftsjahr verschoben ist, kann es sein, dass man fast zwei Jahre Zeit hat. Dass solche Prozesse in Deutschland langsamer ablaufen, müssen wir unseren Mandanten erst einmal erklären.
Auch kommt die Führungskraft in der Regel aus Japan und bringt eine andere Erwartungshaltung an die Arbeitsethik mit. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitskulturen in Deutschland und Japan kommt es immer wieder zu Konflikten mit Mitarbeitern. Deshalb beraten wir auch im Bereich Personal und Rechtsstreitigkeiten. Japanische Unternehmen streiten kulturell bedingt sehr ungern vor Gericht, während in Deutschland der Weg zum Gericht keine Seltenheit ist. Diese Art der Konfliktlösung ist unseren japanischen Mandanten völlig fremd. Wir beraten, was in Deutschland üblich ist und was man als Arbeitgeber tun kann.
J-BIG: Was sind typische Konfliktursachen?
Toyo Nishimura: Im Arbeitsalltag können ganz unterschiedliche interkulturelle Themen zu Konflikten führen. In Japan wird traditionell viel Rücksicht auf die Gemeinschaft genommen und weniger das eigene Recht eingefordert. Ein Beispiel: In Japan hat man Anspruch auf 20 Tage Urlaub im Jahr. Da die Urlaubstage aber auch im Krankheitsfall genutzt werden müssen, nimmt man in der Regel nur 10 Tage in Anspruch, um genügend Puffer für eventuelle Krankheiten zu haben. Außerdem möchte man den Kollegen im Krankheitsfall nicht zur Last fallen und nimmt, wenn man noch irgendwie arbeiten kann, keinen Urlaub. Interessant ist, dass bei den Japanern, die ins Ausland gehen, ein Umdenken stattfindet. Die eigene Einstellung wird reflektiert und die japanischen Unternehmen hinterfragen teilweise, ob die japanische Arbeitskultur in mancher Hinsicht nicht zu streng ist.
J-BIG: Was sind weitere Herausforderungen für japanische Unternehmen, die nach Deutschland kommen?
Toyo Nishimura: Eine weitere Herausforderung stellt der allseits problematisierte Fachkräftemangel dar. Da für viele japanische Unternehmen die Mindestanforderung ist, dass der nicht-japanische Mitarbeiter Englisch oder idealerweise sogar Japanisch spricht, gestaltet sich die Suche nach geeignetem Personal oft schwierig.
Währungsschwankungen sind ein weiteres Thema. Manche Unternehmen wickeln alle Geschäfte in Euro ab, um nicht direkt von den Schwankungen betroffen zu sein. Wenn aber in Yen produziert wird, wirkt sich das auf die Preise aus. Der derzeit schwache Yen ist für eine Exportnation gut, denn deutsche Niederlassungen, die in Japan einkaufen und die Preise in Euro stabil halten können, profitieren davon oder können sogar die Preise in Europa senken, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Europäische Kunden könnten aber auch Preissenkungen verlangen.
J-BIG: Welche Rolle spielen Unterschiede vom japanischen und deutschen Steuersystem bei der Neuansiedlung in Deutschland?
Toyo Nishimura: Im Bereich der Steuern gibt es einige signifikante Unterschiede, die bei einer Neuansiedlung von Bedeutung sind. Die Unternehmenssteuer, also die Steuer auf den Unternehmensgewinn, ist in beiden Ländern ähnlich und liegt bei circa 30 Prozent. Ein großer Unterschied besteht jedoch bei der persönlichen Einkommensteuer: In Deutschland ist die Besteuerung des Individuums sehr viel höher. Dadurch bleibt vom Nettogehalt deutlich weniger übrig. Die internationalen Unternehmen sind sich dessen häufig nicht bewusst und legen für Expatriates im Vorfeld ein Nettogehalt fest. Wenn man zum Beispiel einem Expat 3.000 Euro netto zahlen möchte, kommt man in Deutschland auf etwa 5.000 Euro brutto, während es in Japan nur 4.000 Euro wären. Hinzu kommt der Wechselkurs zum Euro. Das heißt, für japanische Unternehmen ist es sehr teuer, Expats nach Deutschland zu entsenden. Da kann es schon mal vorkommen, dass der Expat das gleiche verdient wie der japanische CEO, denn die Gehälter der Vorstandsmitglieder sind in Japan in der Regel nicht annähernd so hoch wie in Europa oder gar Amerika üblich.
J-BIG: Sind die Kosten einer der Gründe, warum es in den letzten Jahren im Vergleich zu früher weniger Entsendungen gab?
Toyo Nishimura: Finanzielle Aspekte spielen sicherlich eine Rolle, wobei gerade bei Neuansiedlungen steuerliche Überlegungen weniger ins Gewicht fallen, da sich viele japanische Unternehmen der hohen Belastungen im Vorfeld nicht bewusst sind und erst durch uns von diesen erfahren.
Viele japanische Unternehmen berichten, dass es schwierig ist, Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, für die Arbeit mehrere Jahre ins Ausland zu gehen. In der Vergangenheit war es in Japan ganz normal, dass die Mitarbeiter ins Ausland zogen, oft ohne ihre Familien. Heute scheint es mir, dass sich durch den Generationswechsel etwas an der Einstellung geändert hat und die Jüngeren sich stärker an Familie und Privatleben orientieren.
Insgesamt ist in Japan ein gesellschaftlicher Wandel zu beobachten: Früher war es selbstverständlich, sein Leben einer Firma zu widmen und dort bis zur Rente zu arbeiten. In den letzten 20 Jahren sind Jobwechsel aufgrund der angespannten Lage der japanischen Wirtschaft häufiger geworden, wenn auch nicht in dem Maße wie im Westen.
Ein weiterer Wandel im Denken kam sicherlich durch Corona. Durch den verstärkten Einsatz von Videokonferenzen haben die Unternehmen erkannt, dass es nicht unbedingt notwendig ist, ständig jemanden vor Ort zu stationieren. Seitdem findet der Informationsaustausch immer häufiger über Videokonferenzen statt. Auch der Vertrieb wird zunehmend digital abgewickelt. All dies hat zu einer Reduzierung der teuren Expatriates geführt.
J-BIG: Abschließend: Was macht Deutschland als Standort aus Ihrer Sicht trotz der vielen Herausforderungen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern als Standort attraktiv?
Toyo Nishimura: Neben Deutschland ziehen japanische Unternehmen häufig auch Großbritannien, die Niederlande und Frankreich als weitere Standorte für den Eintritt in den EU-Markt in Betracht. Gleichwohl ist Deutschland aufgrund des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Japan (WPA) ein strategisch sehr vorteilhafter Standort. Deutschland liegt im Herzen der EU und verfügt über ein ausgedehntes Logistiknetz nach Ost- und Südeuropa sowie über den nahe gelegenen Hafen von Rotterdam. Zusätzlich zu diesem geografischen Vorteil haben die Vorteile des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Japan dazu geführt, dass japanische Unternehmen bei ihren Geschäften in Deutschland in den Genuss wirtschaftlicher Vorteile wie niedrigerer Zölle und Vorschriften kommen. Ein weiterer wichtiger Anreiz ist die hohe Kaufkraft Deutschlands, die große Anzahl von Handelspartnern als Industrieland und die starke Verankerung einer Vielzahl von Branchen. Darüber hinaus haben Deutschland und Japan in Bezug auf Spiritualität und Geschichte viele Gemeinsamkeiten, was den Boden für einen reibungslosen wirtschaftlichen Austausch zwischen den beiden Ländern bereitet. Das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit steht für einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung und Wachstum, ebenso wie das starke Nachkriegs-Wirtschaftswachstum Japans.
Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Japan wurden durch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan weiter gestärkt, und ich glaube fest an die Bedeutung dieser Partnerschaft. Vor dem Hintergrund der jüngsten globalen Krisenherde ist das Risiko der Abhängigkeit von unzuverlässigen Handelspartnern deutlich geworden. Die Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Japan und der EU und insbesondere Deutschland ist eine wichtige Strategie zur Förderung der Diversifizierung der Lieferketten und zur Verringerung der Abhängigkeit von anderen großen Ländern. Wir erwarten deshalb weiterhin viele Neuansiedlungen von japanischen Firmen in Deutschland. FRANKUS ist bestens vorbereitet, diesen Unternehmen durch fachkundige rechtliche und steuerliche Unterstützung zum Erfolg zu verhelfen.