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Kazuko Yamakawa / Feiler„Wir produzierten und verkauften nicht einfach nur Produkte, wir schufen Kunst für den Alltag.“

Juni 30, 2025 by Björn Eichstädt und Emily Bischof

Zusammen mit ihrem Ehemann baute Kazuko Yamakawa in Japan ein florierendes Unternehmen auf, indem sie deutsche Chenille-Produkte der Firma Feiler auf dem japanischen Markt einführte – und damit ihre zufällige Begegnung mit einem Stofftaschentuch in einen echten Modetrend verwandelte. Was Anfang der 1970er Jahre als kleines Importunternehmen begann, entwickelte sich zu einem landesweiten Phänomen: Die luxuriösen, farbenfrohen Chenille-Stoffe von Feiler wurden in Japan zum Must-have-Accessoire für Frauen. Im Interview spricht Kazuko Yamakawa über ihren unternehmerischen Werdegang, das bemerkenswerte Wachstum ihres Unternehmens und den späteren Verkauf an die Sumitomo Corporation im Jahr 2007. Sie erklärt außerdem, warum sie der deutschen Gemeinde, die ihr zum Erfolg verholfen hat, etwas zurückgeben wollte – und dafür einen zweistelligen Millionenbetrag in die Wiederbelebung der bayerischen Gemeinde Hohenberg, dem Standort der Feiler-Textilfabrik, investierte.

J-BIG: Bitte erzählen Sie uns den Anfang Ihrer Geschichte: Wie sind Sie nach Europa gekommen und was war Ihre erste Begegnung mit Feiler?

Kazuko Yamakawa: Eigentlich bin ich gar nicht nicht in Deutschland erstmals mit Feiler-Produkten in Berührung gekommen. Ich kam 1959 im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal nach Europa, um drei Jahre lang in Moskau in der ehemaligen Sowjetunion zu studieren. Danach zog ich nach Paris, um bei LITZ, einem Luxus-Duty-Free-Geschäft, eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren, wo ich meinen Mann Ahron kennenlernte. Im Jahr 1968 fand ich während eines Wochenendurlaubs mit meinem Mann in einer Boutique im belgischen Knokke einen Chenille-Stoff von Feiler. Es war ein Schal mit einem goldenen Phönix, der eine rote Rose im Schnabel hielt, und ich war sofort von dem weichen Material und dem Design angezogen. In der Boutique gab es viele weiße Textilien, aber dies war ein exotisches, schwarz geprägtes Muster, das mir wirklich ins Auge fiel. Ich kaufte es für mich selbst und dachte überhaupt nicht an Business. Damals wusste ich noch nicht, dass es von Feiler hergestellt wurde.

J-BIG: Wann haben Sie erkannt, dass dieser Stoff, den Sie in Belgien gefunden haben, in Japan ein Geschäftspotenzial haben könnte?

Kazuko Yamakawa: Das war, nachdem wir nach Japan zurückgekehrt waren und unser Importunternehmen Monrive in Tokyo gegründet hatten. Der Name kommt von meinem Nachnamen Yamakawa, was Berg und Fluss bedeutet. Es war ein Unternehmen, das sich auf den Import von Modeartikeln aus Europa konzentrierte.

Eines Tages kam ein Einkäufer von Mitsukoshi, einem der größten Kaufhäuser Japans, zu uns. Es war ein extrem heißer Sommertag, und vor 60 Jahren hatten wir keine Klimaanlage, also bot ich ihm etwas kaltes Obst und den Feiler-Stoff aus Belgien als feuchtes Handtuch an. Er kommentierte sofort, wie schön der Chenille-Stoff sei. Diese einfache Reaktion brachte mich auf die Idee, dass in diesem Produkt ein Geschäftspotenzial stecken könnte.

Kazuko Yamakawa spricht über ihre erste Begegnung mit einem Chenille-Stoff von Feiler in einer Boutique in Belgien. // Fotoserie: Tameki Oshiro
J-BIG: Welche ersten Schritte haben Sie unternommen, um diese Idee in eine Business-Aktivität zu verwandeln?

Kazuko Yamakawa: Im Jahr 1970 wollte ich den Chenille-Stoff von Feiler in Japan einführen, aber da ich das Produkt zwei Jahre zuvor gekauft hatte, hatte ich vergessen, wo wir es erworben hatten. Mein Mann konnte sich auch nicht erinnern, aber zum Glück hatte er die Angewohnheit, alle Quittungen aufzubewahren. Schließlich fanden wir die schon vergilbte Quittung der Boutique in Belgien und schickten ein Telegramm dorthin, um zu erfahren, woher der Stoff stammte. Wir fanden heraus, dass er von Ernst Feiler hergestellt worden war, der damals in Hohenberg im Fichtelgebirge die letzte deutsche Chenilleweberei betrieb – heute die letzte in Europa.

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Mein Mann schickte dann einen Brief an Feiler in Deutschland und bat um Stoffmuster, die uns der Gründer, Ernst Feiler, anschließend nach Japan schickte. Mit diesen Mustern besuchten wir zahlreiche Kaufhäuser und Boutiquen in ganz Japan, von Hokkaido bis Kagoshima, um zu sehen, ob sie Bestellungen aufgeben wollten. Aber alle lehnten ab. Sie verstanden nicht, wofür der Stoff verwendet werden könnte, und fanden die Muster zu bunt. Zwei Jahre lang hatten wir keinen Erfolg mit unserer Geschäftsidee, also legten wir sie vorübergehend auf Eis.

J-BIG: Wie haben Sie schließlich doch den Durchbruch auf dem japanischen Markt geschafft?

Kazuko Yamakawa: Eines Tages schlug mein Mann vor: „Lass uns bei deiner Familie und deinen Freunden nachfragen und ihnen die Proben geben, damit sie sie verwenden können.“ Also verteilten wir die Muster, und nach einer Weile erhielten wir bemerkenswert positive Rückmeldungen: Sie sagten uns, wie wunderbar der Stoff sei – die Farbe verblasste auch nach vielen Wäschen nicht, und das Material nahm Wasser perfekt auf. Jeder nutzte es für verschiedene Zwecke, nicht nur als elegantes Handtuch, und schätzte sowohl das Material als auch das Design.

Meine Mutter hat aus dem Material eine Einkaufstasche gemacht, und die Reaktion der Leute um sie herum war äußerst positiv. Ihnen gefiel, dass sie leicht und bunt war. Das brachte uns auf die Idee, dass wir eine weitere Chance haben könnten. Wir baten einen Kaufhauseinkäufer, die Tasche in einem Schaufenster auszustellen, um zu sehen, wie die Leute reagieren würden. An dem Tag, an dem wir sie ausstellten, wurde sie sofort verkauft. Das Kaufhaus bestellte drei weitere Taschen. Zu dieser Zeit hatten wir weder eine Fabrik noch Maschinen, also stellten wir alle Teile selbst zu Hause her. Die drei zusätzlichen Taschen verkauften sich ebenfalls sofort. Die Bestellungen wurden immer mehr – erst fünf, dann 20, dann 100. Das Business wuchs von Tag zu Tag.

Nach ein paar Jahren wuchs Kazuko Yamakawas Geschäft mit Chenille-Stoffen von Feiler plötzlich rapide.
J-BIG: Haben Sie neben den Feiler-Produkten auch Ihr ursprüngliches Importgeschäft weitergeführt?

Kazuko Yamakawa: Wir kamen zu dem Schluss, dass wir nicht beides gleichzeitig effektiv bewältigen konnten, und nachdem ich das mit meinem Mann besprochen hatte, trafen wir die große Entscheidung, das Modeimportgeschäft aufzugeben und uns ganz auf das Feiler-Geschäft zu konzentrieren. Wir behielten unsere B2B-Beziehung mit Feiler bei, da sie uns mit Chenille-Stoffen belieferten, aus denen wir andere Produkte für den japanischen Markt herstellten.

Eines Tages starteten wir eine Kampagne, in der wir die kleinen Handtücher als modisches Accessoire für die Handtaschen von Frauen bewarben. Durch diese Werbung wurde das Handtuch zu einem Must-Have Modeartikel für Frauen in ganz Japan.

Am Anfang machten wir bei Feiler bescheidene Bestellungen für nur 10 Handtücher. Zehn Jahre später, als unser Geschäft boomte, bestellten wir 10.000 und später 100.000 Stück bei Feiler. Die Handtücher kamen in festen Größen, angefangen bei 30 cm. Größere Formate waren 50 × 100 cm, das größte maß 150 × 250 cm. Schließlich baten wir darum, Stoffbahnen kaufen zu dürfen, um die Produkte selbst herzustellen. In den frühen 1990er Jahren begann unser Geschäft dann wirklich zu boomen. Wir begannen, alle Arten von Einrichtungs-, Mode- und sogar Sportartikeln herzustellen.

Feiler war im Vergleich zu heute ein kleines Unternehmen in Deutschland, und aufgrund begrenzter Produktionskapazitäten hatten sie Schwierigkeiten, genügend Material zu liefern. Deshalb reiste ich nach Deutschland, um mit dem Unternehmen über eine Investition in den Ausbau der Produktionsstätte zu sprechen. Ich entwickelte einen detaillierten Fünf-Jahres-Geschäftsplan, in dem ich genau darlegte, welche Produkte wir in welchen Mengen an welche Zielgruppen verkaufen würden. Das überzeugte Feiler schließlich, die Produktionsanlagen zu erweitern. Bis dahin wurden die Stoffe hauptsächlich in Handarbeit hergestellt, und sie unternahmen erhebliche Anstrengungen, um auf maschinelle Produktion umzustellen. Da wir unser Geschäft parallel und im gleichen Tempo ausbauten, wurde unsere Partnerschaft dadurch nachhaltig gestärkt.

Björn Eichstädt interessiert sich dafür, wie der Vertrieb der Feiler-Produkte in Japan sowohl Kazuko Yamakawas ursprüngliches Importgeschäft als auch das Unternehmen Feiler beeinflusst hat.
J-BIG: Wie viel Prozent des Feiler-Geschäfts kam aus Ihrem Japan-Geschäft?

Kazuko Yamakawa: Wir machten den größten Teil ihres Geschäfts aus. Feiler verkaufte in Deutschland vor allem Babyartikel nd war mit einigen Produkten in exklusiven Boutiquen und Parfümerien in der Schweiz und anderen europäischen Ländern vertreten. Später richtete sich die Produktion fast vollständig auf den japanischen Markt aus. Bis heute ist Feiler in Japan eine bekannte Marke, während sie in Deutschland weiterhin relativ unbekannt ist.

J-BIG: Wie groß wurde Ihr eigenes Unternehmen nach der Expansion in Japan?

Kazuko Yamakawa: Das Unternehmen wuchs auf etwa 200 Mitarbeiter an, und die Vertriebsmitarbeiter besuchten landesweit 140 Vertriebsstandorte. Für die Produktion ernannten wir einen Manager, der Produktionsanlagen in Chiba errichtete, wo etwa tausend Menschen arbeiteten, darunter auch Partnerunternehmen. Da sich die Produktionskapazitäten in Tokyo als unzureichend erwiesen, expandierten wir in viele andere Präfekturen, z. B. Wakayama und Hyogo, und das Geschäft wuchs weiter erheblich.

J-BIG: Was waren Ihrer Meinung nach die Schlüsselfaktoren für Ihren Erfolg?

Kazuko Yamakawa: Zuallererst glaube ich, dass wir eine klare Vision hatten. Wir haben sehr viel Wert auf Qualität gelegt. Zu dieser Zeit verlagerten viele Unternehmen die Produktion nach China. Aber ich konnte nie akzeptieren, bei der Qualität Kompromisse einzugehen, um die Kosten zu senken. Wir haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die höchstmöglichen Produktionsstandards zu erreichen.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist, dass wir uns immer als ein Team verstanden haben – ein Team mit Feiler, aber auch ein Team mit unseren Mitarbeitern. Wir funktionierten als eine Einheit: Wenn ein Teil Probleme hatte, wirkte sich das auf das Ganze aus. Wir haben uns verpflichtet, gemeinsam zu wachsen. Wenn wir Gewinn erwirtschafteten, sollten auch andere Teile unseres Teams davon profitieren. Wir teilten den Erfolg mit unseren Mitarbeitern. In Japan erhalten die Mitarbeiter normalerweise zweimal im Jahr das doppelte Gehalt, aber wir beschlossen, dass alle unsere Mitarbeiter einen quartalsweisen Bonus erhalten sollten. Dank unserer umgesetzten Vision konnten wir erhebliche Gewinne erzielen. In der Region Shinagawa waren wir das drittprofitabelste Unternehmen.

Unser Geschäft begann sich 1995 rasch zu entwickeln und ist seitdem kontinuierlich gewachsen. Auch heute bleibt das Geschäft stark. Im Jahr 2007 haben wir das Unternehmen an die Sumitomo Corporation verkauft. Viele Leute waren überrascht, dass wir uns zum Verkauf entschlossen, während das Unternehmen noch florierte. Aber da ich auf die 70 zuging und mein Mann 26 Jahre älter ist und krank geworden war, konnten wir uns nicht mehr voll und ganz dem Unternehmen widmen. Wir wollten unsere Mitarbeiter nicht mit dieser Situation belasten.

Wir traten mit unserem Verkaufsplan an eine Bank heran, und innerhalb von nur einer Woche erhielten wir 30 Angebote von großen Unternehmen wie Shiseido, Kao, Mitsui, Mitsubishi und anderen, die alle an einer Übernahme interessiert waren.

Kazuko Yamakawa ist stolz auf die hohe Qualität von Feiler Chenille-Stoffen, ihr weiches Material und die langlebigen Farben.
J-BIG: Welche Faktoren haben Sie dazu bewogen, Sumitomo als Käufer zu wählen?

Kazuko Yamakawa: Sumitomo war das erste Unternehmen, das an uns herantrat, und sie zeigten echtes Interesse an der Übernahme. Sie waren besonders an unseren immateriellen Vermögenswerten interessiert. Wenn ein Unternehmen verkauft wird, werden sowohl materielle als auch immaterielle Vermögenswerte bewertet. Bis etwa zum Jahr 2000 lag das Hauptaugenmerk auf materiellen Vermögenswerten wie Firmengebäuden, Finanzbeteiligungen oder Anlagen. Heutzutage, da Gebäude, Fahrzeuge und andere materielle Vermögenswerte häufig geleast werden, benötigen Unternehmen nicht unbedingt umfangreiche materielle Vermögenswerte, und immaterielle Vermögenswerte wie Marktkenntnisse spielen eine größere Rolle.

Unser Unternehmen verfügte über starke immaterielle Werte: Wir hatten eine umfassende Marktpräsenz in Japan aufgebaut und wiesen ein beträchtliches Zukunftspotenzial auf. Außerdem hatten wir Zuverlässigkeit aufgebaut – ein langjähriges Vertrauensverhältnis zu Feiler und den Finanzinstituten. Wir hatten außerdem ein starkes Team mit hochqualifizierten Verkaufsexperten, die mit Leidenschaft bei der Sache waren und über umfassende Produktkenntnisse verfügten. Ich beschäftigte zum Beispiel viele junge Mütter, die unverheiratet oder geschieden waren. Ich war in der Lage, sie zu unterstützen, und sie trugen enorm zu unserem Geschäftserfolg bei. Wir führten einen transparenten Betrieb mit Fachwissen, Kreativität und Originalität. Und wir hatten eine klare Vision: Wir produzierten und verkauften nicht einfach nur Waren, wir schufen Kunst für den Alltag. Diese immateriellen Werte – unsere Kernkompetenzen – machten uns so stark, dass kein Konkurrent unsere Position angreifen konnte.

Da es bei Fusionen und Übernahmen nicht möglich ist, mit mehreren Unternehmen gleichzeitig zu verhandeln, wurde die Entscheidung, an Sumitomo zu verkaufen, schnell getroffen. Wir hielten ein Treffen mit nur drei Direktoren von unserer Seite und 30 Vertretern von ihrer Seite ab, bei dem alle Angelegenheiten besprochen wurden. Innerhalb von nur acht Monaten wurde die Transaktion abgeschlossen und Sumitomo übernahm das Unternehmen.

Björn Eichstädt geht der Beziehung der Unternehmen in Japan und Deutschland auf den Grund.
J-BIG: Wie hat sich Ihre Beziehung zu Feiler in Deutschland seit dem Verkauf Ihres Unternehmens entwickelt?

Kazuko Yamakawa: Im Laufe der Jahre, in denen wir zusammengearbeitet haben, haben wir eine außergewöhnlich starke Bindung entwickelt. Als mein Mann mich zum ersten Mal aus geschäftlichen Gründen nach Japan begleitete, war er bereits 50 Jahre alt und hatte in Paris alles hinter sich gelassen. Er sprach kein Japanisch, hatte keine festen Beziehungen, und wir hatten nur begrenzte finanzielle Mittel. Wir haben wirklich bei Null angefangen. Feiler akzeptierte uns, obwohl wir Fremde waren – sie stellten uns Muster zur Verfügung und gaben uns ein Jahr Zeit, Ergebnisse zu zeigen. Mein Mann entwickelte eine enge Freundschaft mit dem Eigentümer, Ernst Feiler.

Mein Mann und ich haben immer große Dankbarkeit für die Unterstützung empfunden, die wir von Feiler erhalten haben, und wir haben oft über unseren Wunsch gesprochen, uns auf sinnvolle Weise zu revanchieren. Im Jahr 2011, als mein Mann bereits bettlägerig war, erhielt ich von Dagmar Schwedt, der Vizepräsidentin von Feiler in Deutschland, eine Einladung zur 90-Jahr-Feier von Feiler. Auch wollte sie sich mit mir treffen. Ich erkannte, dass dies der richtige Zeitpunkt war, um endlich einen Beitrag für den Ort zu leisten, der uns den Aufbau unseres Unternehmens ermöglicht hatte. Ich wollte, dass mein Mann unseren Beitrag zu Hohenberg miterlebt, solange er noch lebte. Als ich Dagmar Schwedt von dieser Absicht erzählte, war sie wirklich überrascht und half bei den organisatorischen Aspekten, indem sie mit dem Bürgermeister von Hohenberg über unsere Pläne sprach.

Ursprünglich hatte der Bürgermeister bescheidene Wünsche – ein paar Bänke für den Park und einige zusätzliche Parkplätze. Aber ich wollte meine Dankbarkeit in größerem Umfang zum Ausdruck bringen.

J-BIG: Wie haben Sie entschieden, wie Sie sich bei der Stadt revanchieren wollten?

Kazuko Yamakawa: 2012 versammelte die Stadt alle Bürger in der Sporthalle, um über die Bedürfnisse Hohenbergs zu diskutieren. Die größte Herausforderung für die Gemeinde waren die begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten, die dazu führten, dass junge Menschen auf der Suche nach Arbeit den Ort verließen. Die Stadt war in der Vergangenheit für ihre Porzellanindustrie bekannt. Doch mit Ausnahme weniger Hersteller wie Rosenthal mussten die meisten Betriebe dem wachsenden Preisdruck durch kostengünstigere Produktion in Ländern wie China weichen und gingen in Konkurs. Infolge der fehlenden Arbeitsplätze und der Abwanderung der jüngeren Generation waren viele ältere Bürger gezwungen, sich selbst zu versorgen. Die Bevölkerung schrumpfte auf rund 2.000 Einwohner und Feiler war inzwischen der einzige bedeutende Arbeitgeber am Ort. 

Deshalb habe ich beschlossen, in den Bau einer Altenpflegeeinrichtung zu investieren, damit junge Menschen in diese sich rasch entvölkernde Stadt zurückkehren und dort arbeiten und leben können, ohne sich um ihre alten Eltern kümmern zu müssen. Da ich meinen Mann selbst gepflegt habe, kenne ich die damit verbundenen Herausforderungen und weiß, wie wichtig solche Einrichtungen für die Bedürftigen sind. Bevor das Projekt offiziell begann, habe ich meine Vision für die Stadt Hohenberg formuliert, die ich unter dem Motto „Be Together“ zusammenfasste – ich stellte mir vor, dass junge und alte, kranke und gesunde Menschen zusammenleben.

Als Ausdruck ihrer Dankbarkeit gegenüber Feiler und der Gemeinde Hohenberg spendeten Kazuko Yamakawa und ihr Ehemann die Baukosten für ein Altenheim, einen Park und einen Wohnkomplex.
J-BIG: Bitte erzählen Sie uns mehr über die Verwirklichung des Altenpflegeheims.

Kazuko Yamakawa: Der Bürgermeister hatte die Idee, einen Wettbewerb zu veranstalten, um eine Baufirma zu finden, die meine Vision für das Seniorenheim umsetzen kann. Mehrere Unternehmen aus der Region Hohenberg erstellten 3D-Prototypen, die den Bürgern im Stadtpark präsentiert wurden. Die Gemeinde stimmte über ihren bevorzugten Entwurf ab und bestimmte so das endgültige Aussehen des Hohenberger Altenheims.

Der Architekt, der gewonnen hat, hatte sich mit japanischem Design beschäftigt und zahlreiche Holzelemente eingebaut. Er widmete dem Außenbereich große Aufmerksamkeit und integrierte Elemente, die an die traditionellen Gärten in Kyoto erinnern. Der Entwurf umfasste 75 Kirschbäume, die rund um die Anlage gepflanzt wurden.

Die größte Herausforderung war der Erwerb eines geeigneten Grundstücks. Wir verhandelten zwei Jahre lang mit einem Landwirt, der in der Nähe des Stadtzentrums, nur drei Minuten vom Schloss entfernt, 6.000 Quadratmeter Land besaß, und kauften schließlich die Hälfte des Grundstücks. Dann bauten wir eine Intensivpflege, eine Tagespflege und ein Gemeindezentrum. Das Gemeindezentrum dient als Begegnungsstätte für Jung und Alt, in der Veranstaltungen und Aufführungen stattfinden – im Grunde ein Raum für die gesamte Gemeinde, der die Vision von “ Be Together“ verkörpert. Das „Yamakawa Seniorenhaus“ wurde 2017 eröffnet.

Kazuko Yamakawa zeigt stolz ein Handtuch des deutschen Textilherstellers Feiler aus Hohenberg in Bayern.
J-BIG: Soweit ich weiß, war dies nur der Einstieg in mehrere Projekte, die Sie in Hohenberg durchgeführt haben?

Kazuko Yamakawa: Unser zweites Projekt war der „Aktivpark“, eine Sportanlage, die auf dem verbliebenen Grundstück in der Nähe des Seniorenhauses gebaut wurde. Dieses kleinere Projekt wurde im Jahr 2023 fertiggestellt. Der Park zieht jüngere Menschen und Kinder ins Stadtzentrum und trägt zur Verwirklichung unserer Vision bei, verschiedene Generationen zusammenzubringen.

Die Idee für unser drittes Projekt entstand, als ich die Eröffnung des Sportparks besuchte. Ich erfuhr von dem wachsenden Trend in Deutschland, barrierefreie Wohnungen zu bauen, denn viele ältere Häuser sind zu groß und haben Treppen, die den Zugang erschweren. Ich erkundigte mich nach verfügbaren Grundstücken in Hohenberg, die sich für eine barrierefreie Wohnanlage eignen. Man zeigte mir ein wunderschönes 12.000 Quadratmeter großes Grundstück nur 10 Minuten von der Burg entfernt, und ich erkannte sofort das Potenzial. Noch am selben Tag, während der Eröffnungsfeier, habe ich das Grundstück gekauft und mich für das Projekt der barrierefreien Wohnungen entschieden. Wir haben bereits den Entwurf für alle 24 Wohnungen und 18 potenzielle Bewohner. Das Projekt soll innerhalb der nächsten zwei Jahre abgeschlossen werden.

J-BIG: Wie leiten Sie diese Projekte von Japan aus, und wie kommunizieren Sie mit dem deutschen Team in Hohenberg?

Kazuko Yamakawa: Ich habe großes Vertrauen in die Hohenberger Stadtverwaltung und überlasse ihr die Durchführung der Projekte. Ursprünglich wollte man, dass ich den Vorsitz der Stiftung für die Projekte übernehme. Aber da ich kein Deutsch spreche und die meiste Zeit in Japan verbringe, habe ich diese Position abgelehnt und lediglich die finanzielle Unterstützung geleistet. Da ich seit fast 40 Jahren mit Feiler zusammenarbeite, haben die Hohenberger und ich ein tiefes gegenseitiges Vertrauen aufgebaut.

Wir kommunizieren in erster Linie auf Englisch und, wenn nötig, mit übersetztem Deutsch. Wenn ich Zeit mit den Bewohnern des Altenheims verbringe, verlasse ich mich zudem auf nonverbale Kommunikation. Ich habe das Glück, dass Dagmar Schwedt die Projekte in Deutschland unterstützt. Die Hohenberger Bürgermeisterin engagiert sich ebenfalls sehr für die kommunale Entwicklung und hat produktive Beziehungen mit der Stadt München aufgebaut, die einen Millionenbetrag zu Aspekten unserer Initiativen beigetragen hat.

J-BIG: Man könnte sagen, dass Sie mit Ihren Investitionen eine ganz neue Stadt für die Hohenberger gebaut haben. Wie viel haben Sie insgesamt gespendet?

Kazuko Yamakawa: Bei all diesen Projekten hatte ich die Vorstellung, eine Modellgemeinde zu schaffen, die besonders die älteren Bewohner unterstützt. Wir entwickeln ein umfassendes System, das verschiedene Stufen der Seniorenbetreuung abdeckt: barrierefreie Wohnungen für diejenigen, die noch selbstständig leben können, eine Tagespflege, die täglich mehrere Stunden Betreuung bietet, und das Seniorenheim für diejenigen, die intensive Pflege benötigen.

Ich bin wirklich dankbar für die Möglichkeit, einen solchen Beitrag in Deutschland leisten zu können – zumal ähnliche Projekte in Japan aufgrund der wesentlich höheren Grundstückspreise in dicht besiedelten Gebieten nur schwer zu realisieren wären, während das ländliche Japan eher isoliert und weit von den städtischen Zentren entfernt ist. Das Umfeld in Deutschland bietet außergewöhnliche Möglichkeiten für die Entwicklung dieser Art von Modellgemeinschaften.

Insgesamt habe ich einen Betrag gespendet, der den Baukosten für ein Altenheim, einen Park und einer Wohnanlage in Hohenberg entspricht. Die Stadt hatte sich zunächst nur einige Bänke gewünscht und war von der Höhe meiner Investition überrascht.

Ich habe meine 40-jährige Partnerschaft mit Feiler sehr genossen. Meine geschäftliche Vision war immer, „Kunst für den Alltag“ zu schaffen. Das Geld, das ich gespendet habe, fühlt sich unbedeutend an im Vergleich zu der Freude, die ich beim Aufbau dieses Unternehmens hatte. Indem ich in die Zukunft von Hohenberg investiere, hoffe ich, etwas von dieser Freude zurückgeben zu können.

Kazuko Yamakawa erklärt, wie die Projekte in Hohenberg verschiedene Stufen der Seniorenbetreuung abdecken.
J-BIG: Sind Sie seit dem Verkauf an Sumitomo noch irgendwie mit dem Unternehmen verbunden?

Kazuko Yamakawa: Ich leite zum Beispiel immer noch Seminare über Feiler. Als Sumitomo das Unternehmen übernahm, bat man mich, zwei Jahre lang zu bleiben, um dem neuen Präsidenten zu helfen, das Geschäft zu verstehen. Bei Sumitomo handelt es sich um einen Mischkonzern, der sich auf das Provisionsgeschäft konzentriert, und nicht um ein kreatives Unternehmen, das Kunst in den Alltag bringt. Zwei Führungskräfte in einem Unternehmen zu haben, stellt jedoch eine Herausforderung dar.

Ich entwickelte einen alternativen Ansatz, indem ich ein Video über die Marke Feiler erstellte, das die Geschichte und die Produktionsprozesse dokumentierte. Ich reiste durch Japan, um dieses Video Kunden zu zeigen und Vorträge über die Geschichte von Feiler zu halten. Durch diese Werbemaßnahmen steigerten wir den Bekanntheitsgrad der Marke, und die Kunden entwickelten eine noch stärkere Bindung zu den Feiler-Produkten. Noch heute lädt Sumitomo mich gelegentlich ein, diese Vorträge für aktuelle Kunden zu halten.

Seit dem Verkauf an Sumitomo Corporation hat sich das Geschäft erheblich verändert, was nur natürlich ist, da sich auch die Zeiten geändert haben. Das Internet ist zum Hauptvertriebskanal geworden, während unsere Produkte während meiner Amtszeit vor allem in Kaufhäusern verkauft wurden, wo die Kunden die Waren sehen und anfassen konnten. Wir verkauften Modeartikel – Kunst für das tägliche Leben. Heute richtet sich das Geschäft an eine jüngere Zielgruppe, wobei viele Produkte für Kinder und Babys mit niedlichen Motiven wie Schleifen, Bonbons oder Micky Maus gestaltet sind.

Kazuko Yamakawa hofft, dass das Unternehmen Feiler auch in seinem Heimatland Deutschland noch beliebter wird. 
J-BIG: Haben Sie Pläne für weitere Investitionen in Hohenberg?

Kazuko Yamakawa: Ich muss mein Alter berücksichtigen und offen bleiben für das, was die Zukunft bringt. Letztes Jahr habe ich ein autobiografisches Buch veröffentlicht, das zwar keine Investition im engeren Sinne ist, aber doch ein Buch über die Zukunft: „ENN – der Schicksalsfaden: Eine bayerisch-japanische Erfolgsgeschichte“, das im Volk Verlag in München erschienen ist. Das Buch enthält ausführliche Informationen über Feiler und Fotos ihrer wunderbaren Produkte, die hoffentlich ihren Bekanntheitsgrad auch in Deutschland erhöhen werden. Da ich erfahren habe, dass Feiler in Deutschland nicht sehr bekannt ist, hoffe ich wirklich, dass sie in ihrem Heimatland mehr Anerkennung finden werden.

Ich bin nicht mehr jung, und ich weiß nicht, ob ich noch genügend Zeit für ein weiteres großes Projekt haben werde. Wenn es die Umstände erlauben, würde ich jedoch gerne eine Kurzzeit-Pflegeeinrichtung stiften, in der ältere Bewohner für kurze Zeit betreut werden können, während ihre Familien abwesend sind. Dieses zusätzliche Angebot würde dazu beitragen, eine umfassende Betreuung der Hohenberger in allen Phasen des Alterns und mit unterschiedlichen gesundheitlichen Bedürfnisse zu gewährleisten. Ich genieße es sehr, Zeit mit den Menschen in Deutschland zu verbringen. Doch ich muss meine Wünsche und Ambitionen auch mit der Realität des Älterwerdens abwägen – und sehen, ob sich dieses vierte Projekt noch verwirklichen lässt.

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